Häusliche Pflege im Spannungsfeld zwischen Care Work, Migration und Öffentlicher Daseinsvorsorge

Es ist ein offenes Geheimnis: die Betreuung pflegebedürftiger Menschen in deutschen Privathaushalten wird zunehmend von Migrantinnen aus Osteuropa auf der Basis illegaler Beschäftigung oder Schwarzarbeit geleistet. Begünstigt wird die steigende Nachfrage nach Migrantinnen als Live-ins (24-Stunden-Betreuung) durch den weitverbreiteten Wunsch, auch in der Pflegebedürftigkeit zu Hause bleiben zu können. Gerne wird daneben die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen angeführt, um solche "privaten Pflegearrangements" zu rechtfertigen.

Politik, Gesellschaft und Rechtsprechung tolerieren in Komplizenschaft diesen rasant wachsenden "irregulären" Arbeitssektor. Angeblich gibt es keine andere Lösung angesichts einer alternden Gesellschaft mit steigender Pflegebedürftigkeit, knappen öffentlichen Kassen und den Auswirkungen zunehmender Globalisierung.

Toleriert wird damit auch, dass Betreuungs- und Pflegearbeiten (Care Work) weiterhin zur familiären Aufgabe erklärt werden und hier weiblich verortet bleiben. Kaum thematisiert wird die nach wie vor sehr unterschiedliche Bewertung von Fürsorgearbeit und Erwerbsarbeit. Auch wird hingenommen, dass Migrantinnen extrem abhängig und isoliert, in ungesicherter Beschäftigung und ohne Zugang zum Gesundheitswesen arbeiten. Und nicht zuletzt findet Pflege unkontrolliert in einer Grauzone ohne Qualitätssicherung statt. Der Wunsch nach Verbleib in der eigenen Häuslichkeit stößt derzeit in der Praxis dort an Grenzen, wo die notwendige Infrastruktur fehlt und die Finanzierungsmöglichkeiten für Pflege- und Alltagsbegleitungen nicht gegeben sind.

Die unzureichende finanzielle Absicherung des Pflege- und Unterstützungsbedarfs führt dazu, dass viele Menschen auf illegale Pflege- und Haushaltshilfen zurückgreifen, um nicht gegen ihren Wunsch ins Heim zu müssen. Denn in vielen Fällen wird eine zeitintensive Versorgung in den eigenen vier Wänden mit dem Hinweis auf die höheren Kosten vom Sozialhilfeträger abgelehnt und eine Heimunterbringung vorgenommen. Dies verstößt auch gegen die UN-Behindertenrechts-Konvention.

 

Wir möchten in dieser Veranstaltung lösungsorientiert diskutieren:

• Wie kann der wachsende Bedarf an Pflegeleistungen in Privathaushalten zukünftig geschlechtergerecht, legal und für alle Beteiligten in menschenwürdiger Weise sicher gestellt werden?

• Welche Organisations- und Finanzierungsformen der sozialen Daseinsvorsorge brauchen wir für die Pflege?

• Welche Änderungen sind sowohl bei den bundespolitischen und -gesetzlichen Rahmenbedingungen, als auch bei der pflegerischen und sozialen Arbeit erforderlich?

Einladung und organisatorische Hinweise im pdf-Format im Bild herunterladbar