Pflege
Aus dem Koalitionsvertrag:
Zu den Herausforderungen des demographischen Wandels gehören auch eine steigende Lebenserwartung und eine Veränderung der Zusammensetzung der Alterspyramide der Bevölkerung.
Menschenwürde ist in jeder Lebensphase zu wahren. Wir werden dafür eintreten, dass alle Menschen im Alter und mit Unterstützungsbedarf selbstbestimmt leben können. Wir wollen deshalb bessere Rahmenbedingungen für alle schaffen.
Dabei sind auch zwei Gruppen von Menschen verstärkt einzubeziehen:
• die Menschen vor allem mit geistigen Behinderungen
• die Menschen mit Migrationsgeschichte.
In beiden Gruppen nähert sich erstmals eine ganze Gruppe dem Alter, in dem Pflegebedürftigkeit eintritt. Die daraus erwachsenden besonderen Bedarfe sind verstärkt in den Blick zu nehmen.
Es ist ein breites Angebot an unterschiedlichen Wohn- und Pflegearrangements im Sinne von "ambulant vor stationär" notwendig, die eine Integration in das Gemeinwesen und Teilhabe stärken und der Individualität der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner gerecht werden.
Deshalb wollen wir die Rahmenbedingung für die Schaffung neuer Wohn- und Pflegeformen wie Altenwohngemeinschaften, Mehrgenerationenwohnen oder das Wohnen mit Versorgungssicherheit verbessern und dabei die Rolle der Kommunen nachhaltig stärken.
Wir wollen die Träger bei diesem zeitgemäßen Modernisierungs- und Umgestaltungsprozess unterstützen, die Ergebnisse der Enquete-Kommission "Zukunft der Pflege in NRW" aufgreifen und die Weiterentwicklung der Wohn- und Pflegeinfrastruktur entsprechend vorantreiben. Dem Wunsch- und Wahlrecht der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen muss Rechnung getragen werden.
Hierzu wollen wir
• die Rahmenbedingungen für eine Umgestaltung bestehender Heimeinrichtungen zu Hausgemeinschaften verbessern, insbesondere bei der Refinanzierung;
• das Landespflegegesetz überarbeiten mit dem Ziel, die Pflegeinfrastruktur stärker auf die neuen Wohn- und Pflegeformen ausrichten zu können, die Instrumentarien bei der kommunalen Pflegeplanung zu stärken und die unabhängige Pflegeberatung sichern und ausbauen zu können;
• die Entwicklung von Quartierskonzepten befördern, die eine Versorgungssicherheit im Wohnumfeld gewährleisten.
Passgenaue Hilfe erfordert, dass qualitativ gute Unterstützungsangebote für die Bürgerinnen und Bürger verfügbar sind und ein individuelles Pflege-Setting damit organisiert werden kann.
Hierbei sind den Unterschieden zwischen großstädtischen Ballungsstrukturen und dem ländlichen Raum Rechnung zu tragen.
Vor diesem Hintergrund ist der mit der Einführung der Pflegestützpunkte eingeleitete Prozess der Zusammenführung der verschiedenen Beratungsangebote kritisch daraufhin zu überprüfen, inwiefern die heutige Beratungsstruktur mit den Anforderungen an Quartierskonzepte in Übereinstimmung zu bringen ist. Hier sind alle Akteurinnen und Akteure in der Pflege weiter gefordert, ihre Aktivitäten nutzerorientiert zu bündeln.
Selbstbestimmtes Leben ermöglichen
Wir wollen die Kompetenz für neue quartiersbezogene Wohn-, Pflege- und Versorgungsformen beim Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) unter Hinzuziehung der Kompetenz der beiden Projektberatungsstellen "Neues Wohnen im Alter" bündeln. Dabei werden wir das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), die Wohnungswirtschaft, der Wohnbund, Architekten, Wissenschaft und alle bisher in diesem Feld Tätigen einbeziehen. Darüber hinaus wollen wir die unabhängige Wohnberatung durch eine Vernetzungsstruktur stärken und ihre Qualifizierung dadurch sichern.
Eine wesentliche Voraussetzung um das selbstbestimmte Leben in der eigenen Wohnung zu stärken ist das Angebot von haushaltsnahen Dienstleistungen. Deshalb wollen wir landespolitisch die Rahmenbedingungen für kommunale Dienstleistungspools mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten schaffen, damit ortsnah ein bedarfsgerechtes und für die Haushalte erschwingliches Dienstleistungsangebot entstehen kann. Darüber hinaus wollen wir eine Bundesratsinitiative zur steuerlichen Gleichstellung von haushaltsnahen Dienstleistungen mit ambulanten Pflegedienstleistungen ergreifen.
Das Wohn- und Teilhabegesetz geht von dem Grundsatz aus, dass die besondere Schutzbedürftigkeit eines pflegebedürftigen Menschen sich aus der bindenden Verknüpfung von Wohnen und Pflege ergibt und nicht aus der Wohnform. Damit geht jedoch zwingend einher, dass es einer spezifischen Ausgestaltung beispielsweise der Prüfkriterien der Heimaufsicht bedarf, die für die verschiedenen Wohnformen unterschiedlich sein muss.
Vor diesem Hintergrund muss nun dringend die Arbeitsgemeinschaft nach § 17 Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) unter Einbeziehung der Betroffenenverbände damit beauftragt werden, die Kriterien praxisnah und am Schutzbedürfnis der Pflegebedürftigen orientiert zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund sind auch die bisherigen Erlasse zum WTG in der Arbeitsgemeinschaft nach § 17 WTG kritisch zu überprüfen. Eine qualitative Weiterentwicklung der Pflege ist nur möglich, wenn alle Beteiligten in einen vernünftigen Dialog einbezogen werden.
Wir brauchen ausreichend Fachpersonal in der Pflege. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in der Pflege erhöht wird. Dazu wollen wir auf der Grundlage des Pflegefachkräfte-Monitorings die Umlagefinanzierung in der Pflege einführen. Darüber hinaus wollen wir die inhaltliche wie auch strukturelle Weiterentwicklung des Berufsfelds Pflege und dabei auch eine Neuausrichtung hin zu einer gemeinsamen und einheitlichen Ausbildung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege unterstützen und hierzu geeignete Konzepte vorlegen.